Sie sind hier: Sylla News
Zurück zu: Redaktion
Weiter zu: Franzi Privat
Allgemein: FAQ Übersicht Kontakt / Redaktion Impressum

Die EU - bürgernäher als gedacht?

Europa im freien Fall zur Demokratie

Abbildung: Europa bestürzt über die direkte Demokratie. -

Berlin. 19. Juni 2008. (fs) Dem Straßburger EU-Parlament gelang es nicht, den über 360 Seiten starken Lissabon-Vertrag den Regierungssprechern der teilnehmenden Staaten so nahe zu bringen, dass sie ihr Volk darüber ausreichend informieren wollten. Die demokratische Legitimität einer 27-Staaten-Union bleibt ein dynamischer Prozess, man muß nur wissen, als regierender Politiker oder als Journalist, was das Volk nicht weiß. (Bild: archiv/mmb)

Europas demokratische Mängel

Europa. 18. Juni 2008. Dem Straßburger EU-Parlament mißlang es, den Lissabon-Vertrag auszuweiten. Die demokratischen Mängel in der Gewaltenteilung sowie die starke Eigenkompetenz der EU-Institutionen blockierten bisher die demokratische Legitimität einer 27-Staaten-Union, die Einigkeit bleibt ein dynamischer Prozess. Für den morgigen EU-Rat in Brüssel erwartet die deutsche Bundesregierung "von Irland eher vorsichtige Analysen und offen bleibende Diskussionen, als gesetzliche Vorschläge." Die gestiegenden "Öl-, Treibstoff- und Lebensmittelpreise beschäftigen alle EU-Regierungen und werden Thema sein in der knapp bemessenen Konferenzzeit."

Respektieren Irlands Abstimmung

Abbildung: EU - Supernasen Barroso und Merkel, Jan 2007 - (Foto: archiv/Franziska Sylla)

Irland zum Referendum verpflichtet

Berlin, 16.06.2008. Das Ergebnis des Irländischen Referendums, das einzige „Nein“ nach der ersten Ratifizierung des EU-Vertrages von Nizza, irritierte. Die EU-Außenminister und Europaparlamentarier sind erneut herausgefordert, den Wachstumsprozess der Europäischen Union zu analysieren. Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) habe keine eigenen Vorschläge zum Vorgehen der EU gemacht, „er überlegte vor der Presse die möglichen Folgen des gescheiterten Referendums in Irland", hieß es heute aus dem Auswärtigen Amt in Berlin. Damit stand Steinmeier, der auch als stellvertretender Bundeskanzler fungiert, nicht alleine, in seinem gestrigen Interview, äußerte sich Hans-Gert Pöttering, der Präsident des EU-Parlaments, gegenüber den Medien ähnlich: „Es wird eine Fortführung des EU-Ratifizierungsreformvertrages geben, auch wenn es eine EU der zwei Geschwindigkeiten geben sollte.“ Doch warum lehnten am vergangenen Donnerstag 53,4 Prozent der stimmberechtigten Iren das seit 2005 veränderte Vertragswerk ab?

Grundsätzlich ist „Irland gemäß der eigenen Verfassung dazu verpflichtet ein Referendum durchzuführen“, sagte der Regierungssprecher Ulrich Wilhelm heute morgen, „das machen ja nicht alle Staaten“, was über die ablehnenden Gründe der Bevölkerung nichts aussagte. Ein Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten dementierte die Regierung, obwohl dies unter anderem "beim EU-Schengenabkommen ja der Fall ist", räumte Wilhelm ein. Der Sprecher des Auswärtige Amts hielt sich zu den Gründen bedeckt, verwies auf das Treffen in Luxemburg am Nachmittag, dort sollten dann die ersten Beratungen und Analysen stattfinden, doch vom Krisentreffen in Luxemburg zeichneten die Medien nur wiederholt die Beteuerungen der irischen Regierung auf, die schon am Wochenende nach der Abstimmung vergangene Woche gegenüber Deutschland und der EU versicherte, sie wollte Mitglied in der EU-Familie bleiben.


Abbildung: Friedliche Mahnwache vorm Bundesrat am 2. Juli 05 - zur Verabschiedung einer EU-Verfassung bedarf es keine Volksmeinung in Deutschland (Foto: archiv / sylla)

Die Bedenken vom Demokratie Spiegel entkräftete der Sprecher vom Auswärtigen Amt, die Bürger könnten sich absichtlich gegen den Lissabon-Vertrag entschieden haben, um ihre Macht als Volk zu demonstrieren, um zu zeigen, dass Irlands Verfassung direkt demokratische Instrumente verankert hat. „So schlicht ist das nicht zu erklären, das ist als Ursache nicht anzunehmen.“ Die Bundeskanzlerin sei beim Telefonat mit der irischen Regierung nicht darüber informiert worden, welche der 365 Bestimmungen oder Sachverhalte des Vertrages vom Irischen Volk zur Diskussion standen und abgelehnt wurden.

Wenn es um mehr Bürgernähe ginge, was stets von Vertragsgegnern beispielsweise aus Deutschland gefordert wird, „dann hätte dem Referendum zugestimmt werden müssen, denn die ist mehr berücksichtigt im Lissabon-Vertrag als in der Nizza-Version. Das muss uns die Regierung von Irland heute in Luxemburg erst einmal erklären.“

Abbildung: Kämpft gegen die EU-Bevormundung: - Die Truppe von www.du-entscheidest-mit.de mit Michael Effler (Mitte), Bundesvorstand Verein Mehr Demokratie. (Foto: archiv/sylla)

Nächstes Jahr ist Europawahljahr und Bundestagswahl, das ist den Staatsvertretern deutlich anzumerken. Die Ablehnungsgründe werden von den öffentlich-rechtlichen Medien nicht an die Bürger aus Deutschland weiter geleitet, weil Michèal Martin, der Außenminister Irlands, keine kennt? Stattdessen wird das EU-Regierungshandeln mit den Außenministern abgestimmt, werden die Vorgehensweisen untereinander geklärt, die einen Zusammenhalt „als Vollmitglied der EU aufrecht erhalten, dazu eine Lösung anstreben, die gemeinsam und in aller Ruhe gefunden werden muss“, sagte die deutsche Bundeskanzlerin bei einer Pressekonferenz, die sie gemeinsam mit Polens Premierminister Donald Franciszek Tusk bei ihrem Besuch in Danzig am Nachmittag gab. Das weitere Vorgehen der EU-Vertragsratifizierung war hier medientaugliches Thema, nicht, warum Irlands Bevölkerung mit „Nein“ stimmte.

Stimmen die EU-Staaten dem Vertrag von Lissabon nicht einstimmig zu, wie 2005 Frankreichs und Hollands Bevölkerung den EU-Vertrag durch ihr „Nein“ in die Ratifizierungsrunde schickte, „bleibt der alte Vertrag, der Vertrag von Nizza, nach wie vor in Kraft“, sagte der Regierungssprecher heute vormittag. „Der Nizza-Vertrag berücksichtigt naturgemäß weniger Mitglieder“ und vor allem, er umgeht die hart erkämpften Kompromisse der heutigen EU-Mitgliederstruktur der seit 2003 dazu gekommenen Staaten. Manche Staaten dürften gar keine EU-Minister nach Brüssel entsenden, andere, wie Polen, nur mit einer Minderheiten-Delegation, die Polens Souveränität untergrabe.

Der nächste EU-Gipfel findet am 19. und 20. Juni in Brüssel statt. Das wird höchste Zeit sein, denn das „Nein“ aus Irland wirft wie ein ins Wasser geworfener Stein Wellen; Die Krise der EU-Vertragsratifizierung hat Tschechien und Rumänien erreicht, „man zögert hier, die Unterschrift unter den Vertrag zu setzen,“ so ein Reporter vom öffentlich-rechtlichen Sender der ARD in den Abendnachrichten. Achtzehn EU-Staaten haben den Reformvertrag seit 2005 ratifiziert, neun - darunter Irland und Deutschland - fehlen. In Deutschland passierte der Lissabon-Vertrag bereits Bundestag und Bundesrat, unterzeichnen muss jetzt noch Bundespräsident Horst Köhler. Bis zu den Europawahlen im Juni 2009 soll der Lissabon-Vertrag von allen 27 Mitgliedstaaten in Kraft getreten sein. (fs)

Abbildung: EU - Sterne -

Der Lissabon-Vertrag (Wikipedia)

Zur Titelseite

Gehe zu: Krankenhäuser der Sparpolitik nicht gewachsen Respect Gaymes 2008