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SPD-Sonderparteitag vom 18.10.2008

Achter SPD-Parteitag: Steinmeiers Grundsatzrede

Steinmeier als Kanzlerspitzenkandidat bei Sonderparteitag bestätigt

Berlin, 18. Oktober/2. November 2008. SPD-Vorstandsmitglied Andrea Nahles eröffnete den SPD-Sonderparteitag in Berlin. Der fand inmitten der weltweiten Finanzmarktkrise statt, bei denen die Spitzenparteipolitiker „mitgeholfen hatten, diese nicht zu einer Weltwirtschaftskrise anwachsen zu lassen“, sagte Nahles, die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion am 8. Parteitag. „Die Helden der Rettung der Finanzmärkte“ waren anwesend. SPD Kollege und Bundesfinanzminister Peer Steinbrück und sein Team seien der offenen Krise vorausschauend entgegengetreten. „Wir haben uns über den Kapitalismus Illusionen gemacht“, sagte sie. „Kapital muss dem Menschen dienen“ und nicht umgekehrt, das habe die SPD beim Hamburger Parteitag bereits in Leitlinien gefasst, die habe Kurt Beck maßgeblich beeinflusst. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck, der für den ersten Parteivorstand und Ministerpräsidenten von Brandenburg, Matthias Platzeck, 2006 einsprang, erlitt bei der Wahl zum Spitzenkanzlerkandidaten dieses Jahr für die Bundestagswahl 2009 wohl eine seiner herbsten Enttäuschungen.

„Beck wird“, so die „alte Juso-Frau“, wie Nahles sich selbst nannte, „immer eine besondere Rolle in der Partei der Sozialdemokraten haben“. Doch auch „Frank Walter Steinmeier ist jemand dem wir vertrauen, dem die Menschen Vertrauen: Frank-Walter Steinmeier nimmt Verantwortung an“.

Seit dem 27. September 2008 stehe der Kanzlerkandidat und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier für „Stärke und Geschlossenheit“ als Pflicht, rief die SPD-Politikerin Nahles durch die Mikrofone in den prall gefüllten Saal, „weil unser Land uns jetzt braucht. Wir spüren den Ruf der Menschen nach guter Politik“. Wenn es „um Sicherheit und Vertrauen geht, wenn es eng wird, ist es gut, dass wir Verantwortung tragen, wie es hinter mir steht!“ Auf einer der traditionellen Hintergrundspannwände prangte auf dezenten SPD Wasserzeichen in roten und schwarzen Großbuchstaben: Soziale Verantwortung.

„Dieses Jahr 2008“, sagte der SPD-Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier in seiner Rede nach Andrea Nahles, „da stehen wir am Anfang einer neuen Zeit, das ist der wichtigste Einschnitt. Die radikale Marktideologie“, beispielsweise der ehemaligen britischen Premierministerin Margaret „Thatcher ist mit einem lauten Knall zu Ende gegangen. Die Welt hält den Atem an, aber sie atmet auch auf, es geht jetzt um mehr“, so der an diesem Sonderparteitag zu wählende Kanzlerkandidat. Gefordert sei „ein umfassender Neuanfang“, der die Regeln des Miteinanders der Gesellschaft gestalte.

„Diese neue Zeit, die jetzt anbricht, das muss unsere Zeit werden“, steckt Frank-Walter Steinmeier seinen Platz in der Geschichte schon mal vor. Krise heiße auch im „griechischen, Entscheidungen“, dafür werde er in einem Jahr als Kanzler arbeiten, damit dann die Richtung stimme. Steinmeier wolle „dafür sorgen, dass das Verhältnis von Gesellschaft und Wirtschaft wieder ins Lot“ komme, er wolle eine mutige Politik, mit Richtung und mit Augenmaß, dass sei seine Devise.

„Habt ihr sie noch im Ohr, die Herren Experten Sinn, Kalkhoff? Wirtschaft würde in der Wirtschaft gemacht, die Staat habe sich heraus zu halten. Als würde ein Sozialdemokrat dann gegen die Schwerkraft arbeiten! Die jungen Männer vor der Tagesschau, die die Scheingeschäfte vor den Behörden in der Welt“ ausbreiteten wussten nicht, wie sich die Krise entwickle. „Selbst die Lehmanns Brother Leute wussten noch nicht, dass sie selbst pleite sind. Die sind jetzt abgestürzt“, das mache „wütend und mit uns die Menschen“. Er wolle „nicht ungerecht sein, wer arbeitet, der macht auch Fehler. Ich bitte diese Leute nur um eins“, einfach mal einen Moment lang inne zu halten: „Denkt mal nach über die Menschen und die demokratischen Institute“. Diese Woche habe „bewiesen, diese Demokratie hat Vertrauen verdient, mehr als diese Personen, die diese Ordnung leichtfertig aufs Spiel gesetzt haben“.

Den über 100 angemeldeten Journalisten und 2.000 Gästen gegenüber lästerte der SPD-Außenminister über „Wendehälse. Der CDU Generalsekretär hatte Franz Müntefering zur Heuschreckendebatte als Neandertaler bezeichnet“. Vor der Finanzkrise, „hatte die SPD schon immer gewarnt" und "nach der Bundestagswahl ist klar, was die CDU wieder will, mit Merz mehr Kapitalismus wagen“. Beim Buhlen um den aktuellen Zeitgeist sehe Steinmeier die Taktik, und das unterscheide die SPD von der CDU. „In der Tat, wir müssen die Verantwortung“ annehmen, „die Menschen erwarten von uns mehr als Empörung. Sie erwarten, dass wir sie sicher in der Krise lotsen, wir können das“ auch, so Steinmeier.

Schließlich sei es „die Stärke der SPD“. Mit den SPD-Kanzlern „Brandt, Schmidt, Schröder, dessen Nein zum Irakkrieg unser Land nach außen hin emanzipiert“ habe, das seien alles erbrachte „historische Leistungen, darauf können wir stolz sein. In entscheidenden Situationen geben wir unserem Land Richtung und Sicherheit. Der Kollaps hätte schlimmste Folgen für die Weltwirtschaft gehabt“, das habe Helmut Schmidt bereits vor 25 Jahren gesagt. Gemeinsam mit dem Koalitionspartner, erarbeite die SPD eine Antwort auf die Finanzkrise „so, das unsere Handschrift erkennbar bleibt. Peer, wir danken dir, für das, was du für die SPD, für unser Land, aber auch für die Menschen in Deutschland getan hast.“

Steinmeier über Peter Struck, „ganz herzlichen Dank für diese Woche. Was ist das Ergebnis? Wir sichern das Banksystem, wir erhalten die besondere Rolle der Genossenschaftsbanken“, es gehe um sehr viel Geld. „Musste das sein?“, sagte er und antwortete selbst: „Ja, denn es geht nicht um Banken, sondern um Menschen, Sparer, um Arbeitsplätze, da bestimmt der Staat mit, das muss akzeptiert werden von den Banken. Wir Sozialdemokraten sind für Markt, aber das ist eine Ordnung, Max Weber hat uns erklärt, die Kultur des Markte muss eine Kultur des Maßes sein. Vor den Scherben“ dieser Maßlosigkeit „stehen wir jetzt.“ Die Zeit der Exzesse müsse beendet sein, das erwarteten die Menschen.

Führungskräfte seien Vorbilder, sagte der Bundesaußenminister zu den SPD-Delegierten. „Die, die nicht zu den Guten gehören“, seien wie diejenigen, die sich benehmen, wie Leute in einem Land, in dem ihre Kinder nicht zur Schule gingen. Die schaffen „sich eigene Regeln. Diese Gesellschaft würde kalt und egoistisch. Das Vertrauen wollen wir ganz schnell zurück bringen“. Die SPD habe gute Vorschläge gemacht, „wer den Mund spitzt, der muss auch Pfeifen". Anstand und Vertrauen wolle er gemeinsam mit der SPD zurück bringen, so der ehemalige Bundeskanzleramtsleiter unter der Schröder-Fischer-Regierung bis 2005. „Dazu gehört der Mindestlohn. Löhne unter 4,50 sind jenseits von Anstand“, packt der Bundesminister Steinmeier die sozial-wirtschaftlich aufgeklafften Widersprüche beim Kragen.

„Menschliche Marktwirtschaft ist, dass Mindestlöhne durchgesetzt werden, sonst machen wir uns unglaubwürdig. Mit der Rettung der Finanzmärkte, reicht es nicht, es steht uns eine Rüttelstrecke bevor, wir brauchen jetzt einen Schutzschirm für die Arbeitsplätze in Deutschland. Wir werden im kommenden Jahr um jeden Job kämpfen, wir haben ein Stabilisierungspaket geschnürt“, der entlaste Arbeitnehmer durch Senken der Krankenkassenkosten. Wenn es im nächsten Jahr schlechter liefe, „werden wir den Leuten nicht in die Taschen greifen dürfen, und müssen die Investitionen stabiler halten. Wenn das auch nicht reicht, bereiten wir uns seriös darauf vor“, dabei gehe "es nicht nach dem Basarprinzip: Wer schlägt das Höchste vor“. Die SPD beriet derzeit über die KfW-Bankenabwicklung, die solle neue Kredite an die Handwerksbrache weiter geben. Die KfZ-Steuer solle angegangen werden, damit die Dienstleistungen und die Logistikbranche davon profitieren könnten. Den Schutzschirm spannen, „heißt auch endlich langfristig zu denken, nicht an kurzfristige Rendite“. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen seien mehr als Kostenstellen, „haltet die Leute im Betrieb, wälzt die Lasten, liebe Unternehmer, nicht an den Staat ab. In Deutschland haben wir Grund zur Zuversicht, wir sind besser gerüstet. Vor zehn Jahren lagen wir weit zurück, heute liegen wir vorne, das ist unsere Arbeit, seit 1998 in der Bundesregeierung“. Darauf dürfe die SPD doch wohl gemeinsam stolz sein.

„Das ist unsere Arbeit. Wir haben die Globalisierung der Märkte erlebt“, jetzt erfolge die politische Globalisierung. Die Gewichte würden von Grund auf neu relativiert, die Staaten Asiens, die Arabischen Staaten würden stärker, und dadurch die aktuelle Krise erheblich beschleunigen. Die Wachstumskräfte würden gestärkt, „die G8- Staaten Alleingänge sind vorbei, das ist ein Gebot der Fairness“, liege aber auch im ureigenen Interesse der westlichen Welt, da müsse die SDP jetzt ran. Das gehe außenpolitisch über die aktuelle Krise hinaus. „Wir haben die große Aufgabe unserer Zeit“, eine Weltfinanzgruppe aufzustellen, die das Globalisierungszeitalter übersteht. Aufstieg und Fall großer Mächte waren in der Geschichte von Gewalt, Krieg und Zerstörung begleitet, „doch wir finden neue Ausgleiche“, die auf klugen Austausch aus sei. Russland dürfe nicht isoliert werden, stellt Steinmeier klar, die Chinesen müssten mehr einbezogen werden. Eine „Regierung in den USA, die erkennt, dass es nicht klug ist, am Ende alleine da zu stehen“, müsse aussagekräftig genug sein, „das könne nicht das Ziel sein“.

Im Wendejahr 2008 verändere die Welt ihre Gestalt. „Das 21. Jahrhundert ist das wirklich erste globale Jahrhundert, in dem wir gemeinsame Lösungen für gemeinsame Probleme finden. Die SPD ist gefordert, diese neue, zweiter Phase zu gestalten, auf uns kommt es jetzt an, auf niemand anderes“. Gestaltung der Globalisierung sei „natürlich nicht nur für uns deutsche, sondern in ganz Europa“ wichtig, sagte Frank-Walter Steinmeier. „Jeder hat das hoffentlich mal gemerkt, was dieses Europa wert ist, und welche Kraft darin steckt. Europa, das ist der Teil der Demokratischen Welt, dass Vertrauen verdient“, das „Freiheit, Wohlstand, Gerechtigkeit miteinander verbindet. Viele schauen jetzt in der Krise auf uns. Unsere internationale Verantwortung wächst, wenn unsere Welt sicherer werden soll“. Einig handeln sei jetzt wichtig, schaue man auf Österreich, da formierten sich am Rand die Europagegner. Die SPD wolle aber die Kraft des besseren Europa sein.

Arbeitnehmer- und Arbeitgeberechte genauso wichtig wie Binnenmarkt.
Mit der Linkspartei wolle der auf diesem Parteitag mit 94,4 Prozent der Delegiertenstimmen auch „nach der Bundestagswahl nicht koalieren“. Eine Bundespräsidentin könne er sich gut vorstellen, der Saal applaudierte ihm anerkennend, für die abwesende Gesine Schwan gleich mit.

Deutschland könne nicht nur vom Internet, Banken und Versicherungen leben oder vom Haare schneiden. „Wir haben Industrie und Handwerk nicht aufgegeben, das zahlt sich bei uns für Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus“.
(…)

„Die Kreativwirtschaft, besonders in Berlin“ steigere sich. Die SPD habe insgesamt „aufgeräumt mit dem Unsinn, kein Einwanderungsland zu sein“, sagte der SPD-Außenminister. „Wir haben eingeräumt, wir haben aus Ausländern Inländer gemacht und, dass Lebenspartnerschaften nicht nur zwischen Mann und Frau stattfinden“. Der oder die nächste im Kanzleramt, solle „dann wieder einer oder eine von uns sein. Der Fortschritt in Deutschland trägt unsere zutiefst sozialdemokratische Handschrift“. Ein wesentlicher Verdienst des Ex-Kanzlers Gerhardt Schröders, betonte Frank-Walter Steinmeier nochmals in seiner Rede, er dankte für dessen „Arbeit und Führung“.

Das Hamburger-Programm sowie der Verdienst von Kurt Beck, das würde bleiben, „darauf konzentrieren wir uns immer wieder. Kurt du hast uns und unsere Partei durch eine Parteikrise geführt, dafür danke ich allen“. Das Programm sei der vorsorgende Sozialstaat, und eine Ordnung auf den Märkten. Das sei zentral im Hamburger Programm niedergelegt. Zur Bildung sagte Steinmeier, dies sei nicht die Zeit für kleine Ziele, Politik müsse den Blick anheben und nach vorne blicken, „damit wir 2020 sagen können, wir haben heute das Richtige getan, wir waren es, die mit kluger, vorausschauender Arbeit, die Arbeitslosigkeit in diesem geeinten Deutschland nicht nur“ senkten, sondern abgeschafft haben.

Bildung sei ein Menschenrecht. Gute Bildung sei eine Frage von gut geführter Demokratie. „Wir sind nicht die einzigen die von Bildung reden, das ist modern geworden“, was er „bei den CDU-lern davon“ hält, schießt Steinmeier gleich hinterher: „Die CDU führte Studiengebühren ein, sie senkte Steuern, statt für Kinder etwas zu tun, die von zu Hause aus es etwas schwieriger haben. In Bayern ist die Zahl der Studienabgänger so niedrig wie in keinem anderen Bundesland“.

Der Politik der Sozialdemokraten habe Frank-Walter Steinmeier es zu verdanken überhaupt etwas gelernt zu haben: In seinem Elternhaus war er der erste, der Abitur machen durfte. Das wäre keine Selbstverständlichkeit gewesen, es ging, „weil uns Arbeiterkindern die sozialdemokratische Bildungspolitik“, Mut gemacht habe. „Die haben den Eltern die Scham genommen, ihre Kinder können an den ihrigen Schulen versagen“, deshalb sei er Sozialdemokrat geworden. Das sei einer der Gründe, weshalb „mir Bildung und Bildungswege ein Herzensanliegen“ sind. Immer noch 80.000 Kinder, das seien etas 15 Prozent, würden ohne Berufsausbildung ihre Schulkarriere beenden; „Wir kennen deren Schicksal!“

Zur Demografischen Integration im Rahmen der Globalisierung auf Nationaler Ebene sagte Steinmeier: Es wachse eine größer werdende „verlorene“ Generation heran, die „wir wieder in die Mitte der Gesellschaft“ bringen müsse. „Jeder bekommt seine zweite oder wenn es sein muss, auch seine dritte Chance“. Die Erbschaftsteuer bringe zusätzliches Geld, propagiert Steinmeier, deswegen solle man die Erbschaftssteuer erhalten, sie abzuschaffen ginge „auf Kosten der Kinder und Kindeskinder“. Über Kompetenzen und Schulformen, über die Instrumente, wollte er an diesem Tag, den 18. Oktober 2008 nicht reden, „richtige Erkenntnisse gibt es“. Es gehe jetzt um verbindliche Absprachen. Jedes Bundesland solle zusagen, ab sofort die Zahl der Kinder ohne Schulabschlüsse um zehn Prozent zu senken. Damit hätte die SPD, ihren Regierungsauftrag erfüllt und „das Problem halbiert“.

In der Migrationspolitik anerkennt Frank-Walter Steinmeier „die erfolgreichen Migrationsbürger“. Sie „könnten auch Präsidenten von Organisationen werden, und nicht nur Fließbandarbeiter. Wir müssen sie spüren lassen, dass sie willkommen sind. Das Bildungsversprechen meiner Generation müssen wir neu begründen. Wir wollen Lust aufs Lernen machen“. Deutschland soll noch mehr zu einem „Land des Fortschritts werden“.
Einem Land innovativer Unternehmen und Tüftlern, „denn wir leben in einer Zeitenwende“, beides zusammen sei die kluge Mischung, so Steinmeier.

(…) „Wenn Atomkraft eine ökologische Kraft ist, dann ist die Erde eine Scheibe“, sagte der Kanzleramtsanwärter 2009. Eine sichere Energieversorgung mit „vier bis fünf Atomkraftwerken können wir austauschen“, da seien in Jena Quantensprünge passiert „Made in Ostdeutschland“, so der Minister. Der massive Ausbau der erneuerbaren Energien sei erstrebenswert. 2020 sollen ein Drittel der Energie aus Wind, Sonne und regenerativer Energie kommen. (…)

Helmuth Schmidt solle sich weiter einmischen, findet Steinmeier; Frauen sollten „nicht weniger verdienen, obwohl sie genauso viel leisten“, forderte der Bundesaußenminister. „Ein Land in dem die Starken den Schwachen helfen und den Schwachen helfen, stark zu werden“, empfinde Steinmeier als erstrebenswert. „In Europa und der Welt, stehe“ er in diesem Deutschland, in dem man sich an Regeln halte, im Glaube an eine gemeinsame Kraft, die beispielsweise „null Toleranz gegenüber Rassisten“ habe. Das seien „wir uns selbst und der Demokratischen Ordnung schuldig“. Die CDU sage, sie sei die Mitte. Die SPD aber wolle die Bürgerliche Mitte belegen, „da sollt ihr nicht dazu gehören, das ist der alte Dünkel einer Staatspartei, wir machen Politik für alle, und die Mehrheit entscheidet, auch nach der nächsten Bundestagswahl“. Diese Mehrheit, das sei keine Schicht oder Klasse, die man am Steuerbescheid festmachen könne, „das sind die Menschen, die machen, die anpacken. Für diese Mehrheit werden wir ein Angebot machen, ein Wahlprogramm, das auf unser Hamburger Wahlprogramm aufbaut. Wir müssen anspruchsvolle Lösungen finden, die die Wirkungen und Nebenwirkungen im Blick haben, darum werbe“ Steinmeier. Wer Vollzeit arbeite, der müsse auch sich und seine Familie von seinem Lohn ernähren können, ist sich Steinmeier sicher.

Unten in der Gesellschaft sei ein zweit Auto keine Selbstverständlichkeit. Wirtschaft sei nicht das Feld der anderen, „wir überlassen das auch nicht den anderen. Das ist Pflicht, nicht Kür. Wir sind offen für alle, die langfristig denken, die offen sind“.

Die Arbeitsgruppe der über 60-Jährigen in der SPD ist die größte Arbeitsgruppe, das wolle die SPD mehr nutzen. Es gebe so viel sinnvolles zu tun, „wir brauchen euch, ältere Mitbürger und Bürgerinnen“. Die Neugier, Visionen und Erfahrungen, das habe immer Tradition in der SPD gehabt und sei Willkommen. „Fasst den Mut, dass es ein Aufbruch werde, signalisieren wir das nach außen. Das ist nicht irgendein Parteitag. Deutschland ist in einer Zeitenwende“. Die soziale Demokratie ist im Jahr der Wende. Darauf folge das Jahr der Entscheidung. „Fassen wir den Mut, den Verantwortung braucht. Wahlergebnisse kommen nicht allein, wer kämpfen will, der braucht Kraft“. Er wisse, was auf ihn zukomme. Steinmeier habe sich „geprüft, und wenn ihr Vertrauen, habt, dann bin ich bereit. Ich möchte diesen Weg mit euch gehen, und mit allen Bürgerinnen und Bürgern“ im Land. „Zeigt Mut und Selbstbewusstsein, spielt auf Sieg und nicht auf Platz, lasst uns kämpfen“.

„Keine Meister des Universums“ tätig. (Steinbrück)

Peer Steinbrück, der SPD-Bundesfinanzminister von Deutschland und Parteivorstandsmitglied der SPD, übernahm das Rednerpult und lotste die SPD-Parteitagsmitglieder weiter durchs sozialdemokratische Labyrinth: Das Gesellschafts- und Wirtschaftsmodell verstaatliche seine Banken. An der „Wall Street“ seien eben „keine Meister des Universums“ tätig. Das Ansinnen würde offensichtlich, dass „der Staat die ein oder an der Bank übernehme“, sozialdemokratisches Vokabular würde jetzt in den Mund genommen von denen, die sich rechthaberisch gestritten hatten. Massive Veränderungen seien in Gang gekommen, das Jahr „2008 war eine Zäsur“, so der SPD-Politiker Steinbrück, „die Welt wird multipolarer“. Nicht mit Urknall-Getöse, aber langsam evolutionär würde das Krisenszenario zu weiteren Änderungen führen. „Wir beziehen andere Länder mehr ein“, sagte Steinbrück, „die G7 ist nicht ausreichend“.

Staat und Markt müssten ausgeglichen werden. Eine Marge von 25 Prozent Eigenkapitalrendite sei dauerhaft nicht möglich. Das gehe nur, wenn man andere wissentlich schädige, das sprenge aber das wirtschaftlich-soziale Regelwerk. „Am funktionsfähigen Finanzmarkt brauchen wir Betriebsmittelkredite, Kassenkredite für den Einzelhandel“. Für die Sparer, für die Altersvorsorge brauche Deutschland einen“ robusten Finanzmarkt und tüchtige Banker“. Der Brandschutz müsse besser werden, setzt Finanzminister Steinbrück seinen Wunschkatalog nicht nur bei diesem Sonderparteitag vor.

Die SPD sei auf der Höhe der Zeit. Es seien „sozialdemokratische Argumente, die wirtschaftliche Leistungskraft individuelle Entwicklung“ zu unterstützen. Die Gesellschaft aus Sicht des SPD-Politikers Steinbrück: Die SPD brauche Banken in einer dienenden Funktion für den Mittelstand. Die Gebietskörperschaften „dürfen nicht alles bestimmen und sich die demokratischen Verfahren untertan machen“.

(…) Steinbrück bekümmere, die Komplexität und Anonymität und die spekulativen Exzesse bestimmter Spitzenorganisationen, die im totalen Missverhältnis zu anderen Arbeitnehmerverhältnissen stünden. Das sei „das Feld von Steuerhinterziehung und Korruption, das sind die gefährlichen politischen Kräfte“, so der Finanzminister.

Die groteske Situation sei für Peer Steinbrück, das Vertrauen, dass die Banken unter einander nicht mehr hätten, müssten „sie sich von der Politik holen“. Die politischen Institutionen seien das Primat. Die SPD wolle die neu begründete, „soziale Marktwirtschaft mit neuen Blicken sehen und daraus lernen, um zu einer internationalen Kooperation zu kommen“, die Sozialdemokratie habe dazu die besten Argumente, so Steinbrück.

Die Würde des Menschen ist unantastbar

„Im Grundgesetz steht nicht, die Würde des Deutschen ist unantastbar“. (Franz Müntefering am 8. Parteitag)

Der 68-Jährige Müntefering ist wieder drin im Spitzenvorstand der Sozialdemokraten. Er erhielt 84,85 Prozent der Delegiertenstimmen, das reichte dicke, ihn als Ex-Ex-Parteivorstand und wieder neuen Vorstand zu bestätigen. Das Ringen um die Macht, gewann Müntefering. Die Rente mit 67 ist auf seine frühere Ministerarbeit zurück zu führen.

Bei den Parteibeschlüssen wurde der Antrag zur Privatisierung der Bahn verschoben. Der Gang der Bahn an die Börse und das Fortschreiten die Bahn zum Teil zu privatisieren war Thema eines SPD-Parteiantrages. Die Bahn solle zu 100 Prozent in Staates Hand bleiben, hieße es darin, um die öffentliche Versorgung zu gewährleisten. Bis Mitte Februar könne man darüber noch debattieren, wegen der Turbulenzen an den Weltfinanzbörsen wolle man auf die Privatisierung verzichten. (fs)

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